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AutorenbildAndrea Nagl

Den Raum des Verstehens finden

Aktualisiert: 21. März


Zeichnung zum Thema Ablagerungen des Eggenburger Meeres im Miozän

In den letzten Jahren beschäftige ich mich in meinen Projekten verstärkt mit Themen der Erdgeschichte und Evolution. Besonders fasziniert mich die immense Tiefenzeit, die unbegreifbaren Dauern im Vergleich zu einem Menschenleben.

Damit verbunden ist das Interesse zu verstehen, was UNTER der sichtbaren Oberfläche bzw. der Morphologie einer heutigen Landschaft liegt und welche Entstehungsprozesse DAHINTER stehen, wie es dazu kam.

Ganz im Sinne von Marcia Bjornerud (ZEITBEWUSSTHEIT, S.15):

„(…) wird man schon bald erkennen, dass Steine nicht Substantive, sondern Verben sind - sichtbare Belege für Prozesse: ein Vulkanausbruch, das Wachstum eines Korallenriffs, die Hebung einer Bergkette.“

Wir reden bzw. lesen (wenn überhaupt) oft völlig unemotional und unbeteiligt über komplexe und Jahrmillionen dauernde Prozesse, als wenn sie unseren Alltagsbeobachtungen entsprechen würden, da wir gewohnt sind, wissenschaftliche Fakten als von unserem Leben losgelöste Tatsachen (oder abzuwehrende Behauptungen) zu betrachten. Dabei entgeht uns, wie unvorstellbar und unfassbar (irre) sie sind, würden sie sich - im Zeitraffer - in unserem Alltag abspielen…


Diese abstrakten theoretischen Fakten möchte ich BELEBEN und erlebbar machen, indem sich sie VERKÖRPERE. Ich möchte meine Faszination teilen, nicht durch wissenschaftliche Vorträge, sondern in meinem Medium von Tanz und Performance, derart emotionale Resonanz erzeugen, oder auch animieren, sich eigenständig mit der Thematik zu befassen. 


Wichtig ist mir das Ausgehen von einer WISSENSCHAFTLICHE BASIS: die zu vertanzenden Themen arbeite ich (so weit es in meinen laienhaften Möglichkeiten steht) Fakten-basiert fundiert auf und schöpfe mein kreatives Potenzial aus den Erkenntnissen. Es geht also nicht um eine rein assoziative Umsetzung von oder um ein bloßes Reagieren auf ausgestellte Artefakte oder Kurz-Texte. Sondern:

Ich lese mich so lange ein, bis sich ein RAUM DES VERSTEHENS öffnet, in dem ich mich frei bewegen und daraus schöpfen kann.

Ich möchte das Interesse an Wissenschaft fördern, auf eine assoziative Weise dafür plädieren, sich an wissenschaftliche Forschung zu halten anstatt auf esoterische oder kreationistische Behauptungen hineinzufallen.

Wir leben in Zeiten der Krisen. Klimawandel und Umweltzerstörung sind zu unserem traurigen Alltag geworden. Dennoch scheint ein geringes Bewusstsein für die Erde als Gesamtes - die immense Dauer und Komplexität des Entstehens der von uns bewohnten und bewohnbaren Welt - zu bestehen. Ich möchte auch das Bewusstsein für die Schönheit und Komplexität unseres Planeten wecken oder verstärken, inspirieren, einen neuen, anderen Blick darauf zu werfen.


Wenn wir uns bewusst sind, wie kurz die Gattung Mensch erst auf diesem unseren Planeten Erde existiert, wieviele Lebewesen kamen und gingen im Laufe der Evolution, welche Gegebenheiten „zufällig“ aufeinander trafen, um dieses Leben zu schaffen, werden wir die uns umgebende Natur mit anderen Augen sehen. Und uns bewusst werden, dass wir nicht das Maß aller Dinge sind. *)



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*) Das Buch ZEITBEWUSSTHEIT von Marcia Bjornerud (2022) habe ich erst vor kurzem entdeckt, und auch noch nicht fertig gelesen, aber sie scheint - als Geologin - meine Überlegungen zu untermauern: „Ich habe dieses Buch in dem (vielleicht naiven) Glauben geschrieben, dass wir uns untereinander und den Planeten besser behandeln, wenn mehr Menschen unsere gemeinsame Geschichte und unser Schicksal als Erdbewohner verstehen.“ (S. 27)


Zeichnung: ©Andrea Nagl (Research)

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